Das nachwachsende Eigenheim

Wäre es nicht ein herrliches Gefühl, in einem Niedrigstenergiehaus zu wohnen, das im Einklang mit der Natur steht? Und wäre es nicht noch schöner, wenn außerdem alle Baustoffe des Hauses ständig nachwachsen und für ein modernes Zuhause sorgen?

Wir jedenfalls sind von dieser Idee begeistert und haben den Biologen Jürgen Herler und seine Familie besucht. Sie hat sich ihren Traum von einem Niedrigstenergiehaus, genauer gesagt einem Strohballenhaus, erfüllt – und gewährt uns einen Einblick.

Ein Niedrigstenergiehaus wird unter der Prämisse gebaut, möglichst wenig Energie zu verbrauchen. Und das betrifft nicht nur die spätere Energiebilanz des Hauses – vielmehr beginnt das schon beim Hausbau. Vom ersten Schritt an sollte man darauf achten, dass man Materialien nutzt, die bereits in der Natur bestehen – zum Beispiel Holz, Stroh oder Lehm. Rohstoffe extra abzubauen und durch einen komplexen sowie energieintensiven Prozess zu verarbeiten (wie zum Beispiel bei Beton) ist bei einem Niedrigstenergiehaus ein No-Go. Deshalb ist es wichtig, den Unterschied zwischen ökologisch und biogen zu beachten: Biogen beschreibt nämlich möglichst unveränderte, naturnahe und unverarbeitete Materialien. Ein Ansatz, der beim Bau eines Niedrigstenergiehauses oberste Priorität haben sollte.

Aus diesem Grund sollte man zudem auch auf die Regionalität der Baumaterialien setzen. Genau das lebt Familie Herler mit ihrem Strohballenhaus vor: Als biogenes Dämmmaterial nutzte sie neben Holzweichfaserplatten eine Kombination aus gepressten Strohballen und Lehm. Das Stroh stammt dabei von einem Bauern aus der Region. Der Lehm hat einen noch kürzeren Weg hinter sich: Der wurde nämlich direkt vom eigenen Grundstück entnommen. Denn das liegt im Wienerwald in der sogenannten Flyschzone – einer Gesteinseinheit nördlich der Ostalpen, die für eine sehr lehm- und tonhaltige Erde bekannt ist.

Nachhaltig, stabil und optimal gedämmt

Die gesamte Hauskonstruktion der Herlers basiert auf Holzstehern und Strohballen, die optimal aufeinander abgestimmt sind. So werden im Bauprozess zwar die Holzsteher als erstes eingezogen, sie sind aber bereits so konstruiert, dass die Strohballen perfekt hineinpassen. Das garantiert, dass keine Leerstellen entstehen und nur so viel Stroh wie notwendig zum Einsatz kommt.

Klingt komplizierter als es ist: Denn die Holzkonstruktion – womit übrigens sogar große Gebäude wie Krankenhäuser gebaut werden könnten – wird in einer Zimmerei bereits vorgefertigt und vor Ort „nur noch“ zusammengebaut. Die Häuser aus Holz, Stroh und Lehm weisen außerdem einen guten Feuerschutz auf: Lehm verhindert das Eindringen von Feuer und Hitze ins Innere der Wände. Und auch das Stroh wirkt brandhemmend, da die Strohballen sehr stark gepresst werden, bevor sie als Dämmmaterial in die Wände kommen – und genau das macht sie schwerer entzündlich.

Wärmedämmung

Strohballenhäuser haben ein weiteres Ass im Ärmel: Denn Strohballen haben eine hohe Wärmespeicherfähigkeit. Das bedeutet, dass Wärme bzw. Kälte schlechter die Wände durchdringen können. Das Ergebnis: kühle Luft im Sommer und ein warmes Zuhause im Winter. Dabei bleibt das Haus dank der biogenen Stoffe immer „atmungsaktiv“, da die Strohballen und Holzweichfaserplatten ein Diffusionsgefälle erzeugen. Die Dichte der Hauswände an der Innenseite ist höher als an der Außenseite. So wird gewährleistet, dass der Dampf im Inneren des Hauses (zum Beispiel vom Heizen oder Kochen) durch die Wände nach außen abgegeben werden kann. Die Luftfeuchtigkeit regelt sich also fast wie von selbst.

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Was die wenigsten vermuten würden: Auch aus alten Häusern mit guter Bausubstanz kann relativ einfach ein Niedrigstenergiehaus entstehen. Zum Beispiel indem man ein begrüntes Dach aufzieht und die Hausdämmung mit Strohballen und Holzweichfaserplatten erneuert. Jürgen Herler kann diese Vorgehensweise wärmstens empfehlen, denn er ist davon überzeugt, dass Bestehendes genutzt und geschützt werden sollte. Immerhin habe man mit einem Grundstück und einem Haus stets auch Verantwortung gegenüber der Natur.

Jürgen Herler, der nicht nur an der Universität unterrichtet, sondern auch Gründer von HerBios ist, möchte zukünftigen Eigenheimbauern ein paar wichtige Tipps mit auf den Weg geben: So rät er, immer einen erfahrenen Architekten oder Bauphysiker beim Bau eines Niedrigstenergiehauses heranzuziehen – nur so können Baufehler und damit Schimmelbildung oder undichte Stellen vermieden werden. Und der wichtigste Tipp des Biologen: Man muss in der heutigen Zeit unbedingt den Klimawandel miteinberechnen. Immerhin wird es von Jahr zu Jahr heißer – und das dürfe man beim zukunftsweisenden Hausbau nicht vergessen.

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