Gesünder bauen, gesünder wohnen

Wer bei Neubau oder Renovierung ökologische Grundregeln beachtet, wird mit einem nachhaltigeren Wohngefühl
belohnt und gesünder leben.

„Alles Leben ist Chemie“, wurde uns in der Schule beigebracht. Inzwischen ist das Mantra der Chemielehrer aber nicht mehr nur positiv behaftet. Immer mehr Menschen reagieren allergisch auf gewisse Substanzen. Immer mehr Materialien und Inhaltsstoffe gelten als gesundheitsgefährdend. Zusätzlich steigt im allgemeinen Gesundheitstrend das Bedürfnis, sich in einem möglichst wohltuenden Wohnumfeld zu bewegen. Immerhin verbringt der moderne Mensch den größten Teil seines Lebens in geschlossenen Räumen.

Besonders in neuen oder frisch renovierten Gebäuden kann die Schadstoffbelastung empfindlichen Menschen Probleme bereiten. Egal ob Farben, Lacke, Kleber, Laminatböden, Linoleum, Dichtungsmaterialen oder Möbel – praktisch jeder Gegenstand in einem neuen Heim gibt meist gasförmige Schadstoffe an die Luft ab. In Untersuchungen wurden bis zu 8000 unterschiedliche chemische Substanzen in neuen Heimen gemessen. Das größte Problem dabei: Die Schadstoffe sind da, wir können sie aber mit unseren Sinnen nicht wahrnehmen. Ihre Folgen können allerdings von Infekten und Allergien bis zu Krebsrisiken reichen.

Der beste Tipp von allen

Die Empfindlichkeit der Menschen auf diese Stoffe ist unterschiedlich, besonders arm dran sind Allergiker. Oft werden ihre Leiden zu hohem Stress oder anderen Einflüssen zugeschrieben. Dabei steckt die Wurzel des Übels gar nicht so selten in der eben bezogenen neuen Wohnung.

Die gute Nachricht liegt darin, dass man den größten Teil dieser Belastung ohne viel Aufwand und gratis in den Griff bekommt. Die meisten Schadstoffe lassen sich nämlich durch einfaches Lüften entfernen.

Dies sollte allerdings richtig geschehen: Experten empfehlen einen kurzen, aber maximalen Austausch der Raumluft bis zu fünf oder sechs Mal täglich. Die zweite gute Nachricht: Mit der Zeit nehmen die baubedingten Emissionen von selbst ab.

Lehm ist einer der ältesten Baustoffe der Menschheit und besitzt auch nach heutigen Maßstäben sehr gute Eigenschaften. Durch die Fähigkeit, Feuchtigkeit schnell aus der Luft aufnehmen zu können, liefert der Einsatz von Lehm an den Wänden die beste Voraussetzung für ein ausgeglichenes Raumklima. Es begann mit Lehmputz, aber im Zuge des Comebacks des Bauklassikers sind zahlreiche neue Verfahren und Produkte auf den Markt gekommen: Bauplatten, Ziegel, Lehm-Farben, Mineral-Leichtlehm.

Besonders vielfältig ist das Angebot inzwischen bei ökologischen Dämmstoffen als nachhaltige Alternative zu Styropor. Zellulose, Holzfaser, Schafwolle und Kork gehören zu den Klassikern des Genres. Aber auch Flachs, Kokos, Schilf und Wiesengras sind stark im Kommen.

Hartnäckige Übeltäter

Allerdings gilt das nicht für alle Schadstoffe: Ganz oben im Übeltäter-Ranking steht Formaldehyd. Die Substanz steht unter dringendem Verdacht, krebserregend zu sein. Diese kommt beispielsweise auch in manchen Nagellacken vor. Die Chemikalie ist ein wichtiger Bestandteil von Bindemitteln, die für Klebstoffe und Farben benötigt werden. Sie kann also in Spanplatten (Möbel, Wände, Fußböden) genauso enthalten sein wie in Versiegelungen, Teppichböden, Heimtextilien, Mineraldämmstoffen und letztlich sogar Spielzeug. In erhöhten Konzentrationen kann Formaldehyd Allergien, Husten, Übelkeit, Kopfschmerzen und Reizungen der Schleimhäute auslösen.

In Österreich wurden bereits vor vielen Jahren strenge Grenzwerte festgelegt. Trotzdem ist Vorsicht bei Billig-Produkten aus Fernost geboten. Darüber hinaus haben Untersuchungen ergeben, dass Formaldehyd über Jahrzehnte aus den Bindemitteln wieder austritt, etwa bei älteren Spanplatten, die als Baustoff für Wände und Fußböden dienten. Die österreichische Umweltberatung warnt konkret vor Fertighäusern, die vor 1982 errichtet wurden.

Aber auch bei Renovierungen im Innen- und Dachbereich sollten alte Spanplatten auf jeden Fall durch Massivholz, Faser- oder Gipsplatten ersetzt werden. Und wenn schon Spanplatten, dann den formaldehydarmen Typ V100 verwenden. Formaldehyd entsteht aber auch bei unvollständiger Verbrennung, es kommt im Zigarettenrauch genauso vor wie im Abgas von Gasherden. Deshalb sollte beim Kochen mit Gas immer ausreichend gelüftet werden. Grünpflanzen hingegen verarbeiten das Reizgas und wirken sich deshalb günstig auf das Raumklima aus.

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Wegen der großen Fläche steckt in den Bodenbelägen das höchste Risikopotential. Laminatparkett sollte nicht mit echten Holzböden gleichgesetzt werden, auch wenn es täuschend echt wirkt. Bei Echtholz sind geölte Oberflächen lackierten vorzuziehen. Bei Teppichböden können in Mottenschutzmitteln, Weichmachern und flammhemmenden Ausrüstungen gefährliche Reizstoffe stecken.

Als unbedenklich gelten dagegen Korkböden und Linoleumbeläge. Letztere sind nicht zu verwechseln mit PVC-Böden, da sie aus natürlichen Grundmaterialen hergestellt sind. Am nachhaltigsten ist es zweifellos, wenn man sich bei Böden und Möbeln für Massivholz aus heimischer Produktion entscheidet. Das harte Eichen- oder Buchenholz eignet sich perfekt für Bodenbeläge, weichere Sorten wie Kiefer oder Fichte auch für den Möbelbau.

Geduld bewahren, Schimmel ersparen

Einer der häufigsten Fehler besteht darin, zu früh ein neues Heim zu beziehen. Heutzutage baut man im Sinne der Wirtschaftlichkeit immer schneller. Dazu kommt, dass moderne Fenster extrem dicht sein müssen, was sowohl Giftstoffe als auch die Baufeuchte in den Räumen hält. Letztere kann wiederum zur Schimmelpilzbildung führen. Experten empfehlen deshalb, mindestens 30 Tage von der Fertigstellung bis zum Einzug vergehen zu lassen. Aber auch beim Einkauf kann man einiges verbessern, indem man mehr Bewusstsein für die jeweiligen Inhaltsstoffe und eventuelle Umweltgütesiegel entwickelt. Sich für Qualität zu entscheiden, zahlt sich hier besonders aus. Schließlich ist man eventuellen Folgewirkungen später jeden Tag ausgesetzt.

Gesundheit durch Sanierung

Doch nicht nur bei Neubauten – auch bei Sanierungsarbeiten sollte man immer an den Gesundheitsaspekt denken. Lüftungsanlagen, Dämmungen, eine optimierte Heizung und eine schadstoffarme Innenausstattung beeinflussen den Wohnkomfort und die Gesundheit der Bewohner. Frische Luft und wohltemperierte Räume ohne Zugerscheinungen tragen zum gesunden und angenehmen Wohnen bei. Hingegen gehören kalte Fußböden und Zimmerwände nach einer energieeffizienten Modernisierung der Vergangenheit an.

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