Interview: "Dicke Mauern, kein Styropor"

An nachhaltiges Wohnen denkt man im Idealfall schon bei der Planung einer Immobilie, empfiehlt Geschäftsführer der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilien (ÖGNI) Mag. Peter Engert. Welche ökologischen Qualitätsstandards für Wohnimmobilien essentiell sind, verrät der Experte im Interview. 

Wie sieht eine Öko-Musterimmobilie aus?

Engert: Ökologie ist sicherlich ein wichtiges Kriterium, aber auch die Langlebigkeit und langfristige Finanzierbarkeit der Immobilie inklusive der Folgekosten werden im Idealfall schon bei der Planung berücksichtigt. Sowohl die Kosten als auch der ökologische Fußabdruck sind deutlich geringer, wenn man möglichst lange in derselben Immobilie wohnt. Prinzipiell sind größere Wohnhäuser mit vielen Wohneinheiten und gemeinsamen Nutzflächen am ökologischsten, da der Aufwand für Heizung und Strom am geringsten ist. Reihenhäuser schneiden schlechter ab und Einfamilienhäuser haben den größten ökologischen Fußabdruck. Größere Wohnungen für mehrere Personen – also Wohngemeinschaften oder Familienhaushalte – bedeuten oft auch weniger Wohnfläche pro Person, was aus ökologischer Sicht ein Vorteil ist.

Ihr Geheimtipp, den Häuselbauer bei der Planung beachten sollen?

Engert: Dicke Mauern! – das bedeutet: Mehr Kühlung im Sommer, mehr Wärme im Winter und somit erhebliche Reduktionen bei Strom- und Heizkosten. Ein weiterer wichtiger Tipp lautet: Achten Sie auf die Himmelsrichtung, in der sich Fassade, Terrasse, Balkon, Garten und einzelne Zimmer befinden. Durch die Berücksichtigung von Lichtverhältnissen und Sonnenwärme reduzieren Sie ebenso deutlich Ihren Bedarf an Heizung, Kühlung und Strom.

Was ist die häufigste Ökosünde bei Immobilien?

Engert: Ein häufiger Fehler ist die Dämmung mit Styropor, die viele Menschen irrtümlicherweise für einen ökologischen Nutzen halten. Styropor ist ein aus Erdöl produzierter Sondermüllstoff. Ziegel eignen sich zur Wärmedämmung deutlich besser. 

Peter Engert, ÖGNI

 

"Der ökologischste Baustoff ist Holz. Es verursacht am wenigstens CO2 und wirkt sehr positiv auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Benutzer."

Mag. Peter Engert
Geschäftsführer ÖGNI

Was ist der beste Baustoff?

Engert: Der ökologischste Baustoff ist Holz – es verursacht mit Abstand am wenigsten CO2 und wirkt sehr positiv auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Benutzer. An zweiter Stelle steht Beton, gefolgt von Ziegel. Styropor ist wie gesagt ökologisch nicht vertretbar.

Welche Form der Energie- und Wärmeversorgung empfehlen Sie?

Engert: Im Idealfall steht die Energieversorgung auf vielen Beinen und kombiniert Erdwärme, Luftwärme, Solarenergie und eventuell auch eine eigene Windenergieproduktion. Umso größer die Wohnimmobilie und umso mehr Hausparteien sie beherbergt, umso eher sind kombinierte Energieversorgungssysteme langfristig auch finanziell amortisierend. Ähnliches gilt für das Thema Kühlung, wo ich eine Kombination aus Begrünung der Fassade, Erdkühlung mit Grundwasser sowie den Erwerb von energiesparenden Klimaanlagen, die ihre Intensität an den Bedarf anpassen, empfehle. Bei der Wärmeversorgung ist die Nutzung von Erdwärme durch Wärmepumpen ökologisch top. Hingegen sind Gas- und Ölheizungen nicht mehr zeitgemäß.

Wie geht die ÖGNI genau bei Gebäudezertifizierungen vor?

Engert: Wir verwenden Kriterienkataloge, bei denen ökologische, ökonomische und soziale Aspekte eine Rolle spielen. Wichtige Kriterien sind beispielsweise die Qualität des Baus und der Innenausstattung, Feinstaubbelastung, die Sauerstoffversorgung in den Räumen und Barrierefreiheit. Unsere Zertifikate „Silber“, „Gold“ und „Platin“ werden meistens für Gewerbeimmobilien verliehen, aber zusehends öfter auch für Wohnimmobilien inklusive sozialer Wohnbau. In meiner Immobilie verbringe ich die meiste Zeit meines Lebens, da will ich mich wohlfühlen. Deshalb ist es in meinen Augen wichtig, schon beim Erwerb meiner Immobilie zu wissen, dass sie von Experten nach Qualitätsstandards getestet wurde.

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